Schon immer haben sich Menschen mit Mut und Unternehmergeist im Erzgebirge niedergelassen, wohl wissend, dass man dort auf geschickte und fleißige Menschen bauen kann.
Die beiden Brüder Carl Ludwig und Carl Theobald Baldauf (1858-1909) hatte die Vorzüge der Region und die Zeichen der Zeit erkannt, als sie vor mehr als einhundertzwanzig Jahren die Knopf- und Metallwarenfabrik Gebrüder Baldauf in Marienberg gründeten. Ihre Erzeugnisse wurden in viele Länder der Erde versandt. Im Laufe der Jahre erwarb sich die Fabrik in ihrer Branche Weltruf. 1909, im Alter von nur 26 Jahren, übernahm Gerhard Baldauf (1883 - 1945), nach dem Tod seines Vaters Theobald, die Firma und vergrößerte sie weiter.
1912 erteilte Gerhard Baldauf dem Zwickauer Architekten Gustav Hacault den Auftrag zum Um- und Erweiterungsbau seines Landhauses in Marienberg. Es entstand eine repräsentative, in Elementen des Jugendstils gehaltene Villa mit imposantem Wintergarten. Sie stellt ein, zu der damaligen Zeit, für Marienberg und Umgebung herausragendes Zeugnis der Villenarchitektur dar.
Charakteristisch für das äußere Erscheinungsbild ist der gestalterische Formenreichtum der Fassaden. Die Gestaltung der Villa erfolgte sehr aufwändig und geschmackvoll. Auch die differenzierte Dachkonstruktion trägt zu einer lebendigen Wirkung der Architektur bei. Das Innere spiegelt das Repräsentationsbedürfnis und die Wohnkultur des Bauherrn wider.
Die Auswirkungen des Ersten Weltkrieges, die Inflation und die Weltwirtschaftskrise führten zu finanziellen Schwierigkeiten für die damaligen Besitzer. Die Firma Gebrüder Baldauf musste 1933 Konkurs anmelden und die Villa wurde 1936 an den Inhaber der Firma Lesser, Clausnitzer & Co. mit Sitz in Dresden verkauft. Dieser nutzte das Gebäude als Ferienheim für seine Mitarbeiter. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Gebäude durch die Sowjetische Militäradministration Deutschlands beschlagnahmt und die Firma Lesser entschädigungslos enteignet. 1952 übergaben die Sowjets das Gebäude als "Pionierhaus Phillip Müller" an die Öffentlichkeit. Damit gingen die Villa und das Grundstück in Marienberg ebenfalls in Volkseigentum über. Bis 1989 wurden diese als „Haus der Pioniere“ genutzt, ab 1991 als Schülerfreizeitzentrum des Landkreises Marienberg und ab 1997 als Kultur- und Freizeitzentrum des Mittleren Erzgebirgskreises.
Seit 2009 ist die „Baldauf Villa“ ein Zentrum für Kunst und Kultur im kul(T)our-betrieb des Erzgebirgskreises und lädt dazu ein, Jugendstil hautnah zu erleben und das Ambiente des Hauses mit der weitläufigen Parkanlage zu genießen. Umfangreiche Sanierungsmaßnahmen lassen das Baudenkmal in neuem Glanz erstrahlen. Besucher können ein großes Angebot kultureller Veranstaltungen nutzen, sich über traditionelles Kunsthandwerk informieren, Ausstellungen, Präsentationen und Hausführungen erleben, in Kunst und Kultur, Konzerte und Veranstaltungen eintauchen.
1907 - 1908
Bau Landhaus, Bauherr: Stadtrat Theobald Baldauf (Inhaber der Knopf- und Metallwarenfabrik Gebrüder Baldauf Marienberg/Sa.)
Architekten: Zapf & Basarke Chemnitz
1912 - 1913
Um- und Erweiterungsbau zur Villa, Bauherr: Stadtrat Gerhard Baldauf (ab 1909 Inhaber der Knopf und Metallwarenfabrik Gebrüder Baldauf Marienberg/Sa.), Architekt: Gustav Hacault aus Zwickau
1913
Anbau des Wintergartens
1936
Verkauf an Herrmann Lesser, Inhaber der Firma Lesser, Clausnitzer & Co, Stroh- und Filzhutfabrik mit Sitz in Dresden/Leuben
1937 - 1940
Ferienheim für die Arbeiter der Firma Lesser
Februar - Juli 1945
Säuglingsheim
September 1945
Entbindungsstation des Marienberger Krankenhauses
Oktober 1945
Kreiskommandantur der Sowjetischen Militäradministration
1946
Firma Lesser wird auf der Grundlage des Volksentscheides entschädigungslos enteignet. Villa geht in Volkseigentum über
1952
Pionierhaus "Phillipp Müller"
1982
Mit Wirkung vom 01.06.1982 wird das Gebäude des Pionierhauses durch den Rat des Kreises Marienberg unter Denkmalschutz gestellt
1991
Schülerfreizeitzentrum des Mittleren Erzgebirgskreises
1997
Kultur- und Freizeitzentrum des Mittleren Erzgebirgskreises
2009
Die Baldauf Villa wird ein Teilbetrieb
des Eigenbetriebes des Erzgebirgskreises